Smart living: Smarte Dehumanisierung

Der Trend zu sogenannten smarten, durch das Internet flächendeckend kommunizierenden Gegenständen, Strukturen und Konzepten (IoT – internet of things, smart wearables, smart city, smart living, smart mobility etc.), der als ökologisch, vital und fortschrittlich präsentiert wird, ist heutzutage vor allem aus drei Gründen schwer als etwas Menschenfeindliches zu enttarnen:

1. Im Alltag subtil integriertes entmenschlichtes Menschenbild

  • Über die letzten 100 Jahre haben wir nicht gemerkt wie unser durch materialistische Ideologie geprägtes Menschenbild zielstrebig eine Verwandlung vom Tier zur kybernetisch steuerbaren Biomasse vollbrachte. Bereits die zwanghafte Verbindung der menschlichen Evolution mit dem tierischen Ursprung und somit die Gleichsetzung des Menschen mit dem Tier war den materialistisch ideologischen Dogmen zu verdanken. Ihre weitere unkritische Vertiefung in der Kybernetik verfolgte lediglich konsequent die gleiche Logik. Die alltägliche politische, wirtschaftliche und geistige Realität ist mit diesem menschenfernen Menschenbild derart verschränkt, dass daraus nichts anderes als transhumanistische und im weiteren Verlauf posthumanistische Ideale erwachsen können. Wir bekommen also vollkommen folgerichtig die Strukturen und die Behandlung, die unserem etablierten und einzig legitimen Menschenbild entspricht. Die Gesellschaft schwimmt in den veräußerlichten, verobjektivierten Realitäten dieses Menschenbildes – in einem totalen Gaia-X-Konstrukt – und wird sich der mittlerweile stark verwurzelten Realität seiner totalitären Dehumanisierung nicht bewusst. Wie die Fische im Wasser oder Vögel in der Luft sind die Menschen derart unbewusst in Bezug auf ihre aus ihren Überzeugungen wachsende Umgebung, dass sie diese gar nicht wahrnehmen. 2015 sagte E. Schmidt, der CEO von Google, dass das Internet verschwinden werde. Er meinte damit allerdings kein Ende des Internets, sondern eine vollkommene Niederschwelligkeit seiner Angebote und Integration in den Alltag und die Alltagsgegenstände. Das Internet wird ihm nach also so selbstverständlich werden, dass es aus unserem Bewusstsein als solches verschwindet, unsichtbar wird (Zuboff 2018 „Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“, S. 231 f.). Genau so ist es uns allerdings bereits mit dem anfangs erwähnten Menschenbild ergangen, welches beinahe vollkommen dehumanisiert wurde. Ein menschenleeres Menschenbild, einen völlig verdrehten Begriff haben wir vor uns, nach dem wir leben und unsere Gesellschaft gestalten, welches wir allerdings gar nicht mehr wahrnehmen.
  • Es mögen einige aufschreien und sagen, sie vertreten ein ganz anderes Menschenbild. Doch die Illusion der menschenleeren Begriffshülsen (Mensch, Geist, Seele, Psychologie, Philosophie etc.), die ihrem Inhalt nach nicht mehr das in sich tragen, was sie der Idee nach bedeuten, ist über die letzten 100 Jahre derart verwurzelt, dass man durchaus mit Berechtigung diesen Aufschrei bei sich und bei anderen hinterfragen kann und soll.

2. Durch entsprechendes Unmenschenbild nach außen getretenes Innenleben in heutigen Gesellschaftsstrukturen

  • Durch das fehlende konkrete Bewusstsein über diese recht fortgeschrittene Gesellschaftskrankheit kommen wir in eine Spur, die uns von außen durch Gesellschaftsüberzeugungen und Gesellschaftsstrukturen prägt. Die berechtigten Symptome der Krankheit, die durch die Entmenschlichung des Menschenbildes entstanden ist, lenken uns jetzt von außen, weil wir sie im Seelisch-Geistigen unserer Überzeugungen nicht entlarvt haben. Unsere unbewusste Innenwelt in Bezug auf das Menschenbild hat somit eine Außenwelt kreiert und diese präsentiert uns im offensichtlichen, greifbaren gesellschaftlichen Leben und in seinen Strukturen das Resultat unseres tierisch-kybernetischen Menschenbildes.
  • Interessanterweise bekam diese Spur selbst, in die wir uns hineingedrängt haben, auch eine äußere Realität. Die Überzeugungen der Systemtheorie, die sehr eng mit dem (radikalen) Konstruktivismus und der Kybernetik verbunden sind, haben im Wesentlichen (teils in abgeschwächter Form, aber dennoch in der Tendenz eindeutig) die Idee, dass alle Organismen (Teile des Systems) unter anderen Organismen existieren, aber nicht wirklich miteinander interagieren, sondern lediglich auf Störungen (Perturbationen) von außen reagieren und entsprechende Entscheidungen zur Anpassung (Viabilität) treffen. In dieser Art ist ein Organismus stets auf sich selbst bezogen (selbstreferenziell) und sich selbst entwickelnd und selbst schaffend (autopoietisch). Vor allem das Letztere mag man vorerst als positiv bezeichnen. Doch es ergibt sich aus dem Ganzen folgende Konsequenz: Das System, welches in seinen Einzelteilen in gegenseitigen Kontakt kommt und sich so in seiner Gesamtheit gestaltet, besitzt dem nach kein Machtgefälle (eine Absurdität aus gesellschaftskritischer Sicht!). Jeder einzelne Organismus befindet sich in einem Bachlauf, der durch die Störungen von außen gestaltet wird. Es ist also eine Determination im eigenen Inneren, ohne jegliches Erkenntnisstreben, nur reiner Überlebenstrieb (welcher innerhalb der materialistischen Ideologie an sich schon keine Berechtigung haben dürfte). Bei diesem Bild bekommen Konstrukte wie systemisches Konsensieren, Schwarmintelligenz oder Aussagen wie „Störungen haben Vorrang“ einen herben Beigeschmack, denn sie bauen auf diesem Boden. Wenn jemand auf die Idee kommt und entsprechende Macht besitzt, die systemischen Störungen (nennen wir sie Stimulationen) zu gestalten und sie für alle Menschen zu zentralisieren, bekommt er eine relative Macht über die ganze Menschheit.
  • Diese Idee wurde bereits realisiert und sie wird stets weiterentwickelt. Sie versteckt sich hinter dem angeblich nicht mehr wissenschaftlich aktuellen Behaviorismus. Denn der Behaviorismus konnte damals nur nicht realisiert werden, weil der Mensch dem kybernetischen Tier noch nicht nah genug war und weil es noch keine Maschinen gab, die jegliches Verhalten aufnehmen und analysieren konnten (der damalige Traum von B. F. Skinner, welcher mit seinem Roman „Walden Two“ als Vater des Behaviorismus betrachtet werden kann). Jetzt ist es allerdings so weit und wir haben lange darin geschlafen. Der Behaviorismus wurde in den Ideen und Praktiken des Überwachungskapitalismus (Shoshana Zuboff 2018) realisiert. In der Einübung, Erziehung einer einheitlichen, medial-politisch produzierten Wir-Meinung, die in letzter Zeit massiv, schnell und aggressiv auf Knopfdruck um sich greift, wird diese behavioristische Spur immer weiter perfektioniert.
  • Die sogenannten smarten Wearables nahmen ihren Ursprung übrigens bei der Erforschung der Tiere in Bezug auf ihr Verhalten (Zuboff 2018 „Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“, S. 237). Alles smarte ist also ausschließlich dafür gedacht das Verhalten zu analysieren und ein bestimmtes Verhalten zu stimulieren: Telemetrie + Telestimulation = gewünschtes Ergebnis in der Spur.

3. Verfestigung durch geistige Faulheit

  • Letztendlich verfestigt sich diese Entwicklung, weil sie sehr stark an unsere Bequemlichkeit, Sensationslust und Innovationslust appelliert. Vor allem im technischen Bereich kann das alles bestens bedient werden, weil die Technik uns ein faszinierendes technisiertes Abbild der Natur und des Menschen bietet und uns gleichzeitig geistig lähmt (wenn wir uns ihrer Wesensart nicht bewusst sind und uns nicht geistig entwickeln wollen). Die Realität von einem Projekt wie Gaia-X, welches ein digitales, technisches Abbild dieser Gesamtheit im Sinne führt, wird allerdings den Menschen nicht mehr in sich tragen und brauchen. Sie wird als Abbild eine eigene Entwicklung einschlagen. Der Mensch wird sich dadurch selbst abtreiben.

Was wäre die Lösung dieser weit fortgeschrittenen Problematik?

Um aus dieser behavioristischen Spur herauszukommen, müsste der Einzelne von uns sich des bis in das alltägliche Denken, Fühlen und Wollen verschleierten tierisch-kybernetischen Menschenbildes bewusst werden und das Menschenbild ihrem menschlichen Ideal nach schrittweise zurecht rücken. Der Mensch müsste aus dem verirrten materialistischen Humanismus, der uns zum Transhumanismus geführt hat und weiter zum Posthumanismus führen wird, einen geistigen Humanismus erschaffen. Erst dieser geistige Humanismus wird den Geist des Menschen ins Zentrum seiner Existenz und seiner Wirkung stellen und ihm eine menschliche Zukunft ermöglichen.

Dafür müsste der Mensch allerdings sich auf den Weg nach dem wirkenden Geist in ihm machen. Er müsste ihn in ganz konkreten Erlebnissen und Zusammenhängen erfassen, seine Handhabung üben und nicht nur nebulös fühlen und wollen. Er müsste bis in das gedankliche Durchdringen begreifen, dass das Tier und die kybernetische Biomasse in ihm zwar eine Teilberechtigung für die Bewusstwerdung und Realisierung menschlicher Entwicklung haben, ihn aber nicht ausmachen, ihn nicht zum Menschen machen. Nur aus dieser konkret ergriffenen Erkenntnis heraus können äußere Gesellschaftsstrukturen im Sinne des freien Geisteslebens menschengerecht gestaltet werden.

Für diesen Weg aus der Spur hinaus muss der Einzelne von uns allerdings seine Bequemlichkeit, Denkfaulheit und seine Sensations- und Innovationslust an der technischen Entwicklung beiseite legen und sich dem vergessenen seelisch-geistigen Abenteuer widmen. Nur dieses Abenteuer wird in uns einen geistigen Menschen wach werden lassen und uns unsere Zukunft ermöglichen!

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