Supervision als Grundpfeiler der Organisationsentwicklung

Der Kampf der Supervision zwischen anleitender Kontrolle und Beratung ist mittlerweile an die 100 Jahre alt (Pühl 2009 – Handbuch, Supervision und Organisationsentwicklung, S.19). Auch wenn die Supervision mittlerweile als Beratung halbwegs (leider oft lediglich als ‚on-top-Denken‘) etabliert ist, kann die darin verborgene Kontrollfunktion nicht geleugnet werden.  Immerhin geht es um die Verbesserung der Arbeitsaufgabe der gesamten jeweiligen Struktur samt ihrer Mitgestalter. Welche Chef-Etage will das nicht als ein (modisches, gegönntes und stets gut gemeintes) ‚fancy tool‘ zur verschleierten reflexiven Kontrolle gebrauchen? Vor allem dann, wenn sie die Supervisoren beauftragt und bezahlt. Die Zeit des flexibilisierten Kapitalismus lädt dazu ein die Kontrolle und Druck nicht als solche, sondern als einen ‚kreativen Freiraum voller Selbstverantwortung‘ aussehen zu lassen. Man kann also zurecht fragen, inwiefern die angesetzte Supervision (oder Mediation – welche sich ausschließlich auf Konfliktlösungen orientiert) der Kontrolle (und manipulativer Gestaltung) ‚unterer Etagen‘ dient und im Auftrag der ‚oberen Etagen‘ erfolgt (ja, auch sogenannte flache Hierarchien oder scheinbare Selbstverwaltungen sind nicht frei davon). Doch damit ist die kritische Reflexion der Supervision (nennen wir sie Metasupervision) als Teil der Organisationsentwicklung nicht fertig.
 
Der Gedanke an die von der Chef-Etage mehr oder weniger unabhängigen Beratung professioneller Teams mag die bloße Kontrolle hierarchisch erweichen, doch er kommt nicht ganz an die Loslösung von einer instrumentellen, humankapitalistischen Ideologie (wenn man dies denn will). Die Supervision soll immer noch eher im technischen Sinne (auch wenn sie psychische und soziale Ebenen aufgreift, die aber letztendlich bloß als Erfolgsfaktoren eines Unternehmens gesehen werden) die Arbeitsprozesse optimieren (Petzold 2007 – Integrative Supervision, Meta-Consulting, Organisationsentwicklung, S. 28). Selbstverständlich hat diese arbeitspraktische Seite zielgerichteter Strukturen eine Relevanz, doch (auch wenn es im materialistisch-neoliberalen Sinne befremdlich klingt) es kommt stark darauf an, welcher Absicht man bei einer Unternehmensgestaltung und Unternehmensführung folgt. Es ist nicht gleich, ob die Konzentration auf die Optimierung arbeitender Mitarbeiter gerichtet ist oder ob sie die gute Entwicklung der beteiligten Menschen an sich fördern will. Die Früchte beider Ausrichtungen – eine gut oder besser funktionierende Organisation – mögen sich am Ende ähneln, doch sie unterscheiden sich essenziell von einander. Entweder reduziere ich meine Unternehmung auf eine funktionalistische Sichtweise der ‚guten alten‘ Arbeitsteilung und betrachte seine Beteiligten als ‚Rädchen im System‘ (das kann man selbstverständlich sehr wohlklingend ausdrücken: eine Schiffs-Crew auf der Reise zu neuen Ufern) oder ich stelle den Menschen und seine Entwicklung in das Zentrum meines Unternehmens und etabliere eine entsprechende Bildung. Dabei spielt es keine Rolle, ob mein Unternehmen Fensterrahmen produziert oder Kinder erzieht (Menschen bauen die Fensterrahmen und Menschen nutzen sie. Es ist also eine Arbeit von Menschen für Menschen – diese Dimension wird vollkommen unterschätzt!). Die Supervision kann als ein Prozess der Erwachsenenbildung begriffen werden!
 
Der dritte Evolutionsschritt der Supervision stellt also die Betrachtung der Supervision als Bildung. Und zwar Bildung nicht als eine humankapitalistische Investition, sondern als zweckfreie Bildung des Menschen in seinen Wahrnehmungs- und Reflexionsprozessen (wohl eher im Humboldtschen Sinne). In ihren menschlich-geistigen Grundanlagen gebildete Menschen mit einer entsprechenden Profession werden auf nachhaltige lange Sicht ganz selbstverständlich entsprechend gute Früchte für die Organisationsentwicklung tragen.
 

Evolution der Supervision:

  • 1. Schritt: Kontrolle
  • 2. Schritt: Beratung
  • 3. Schritt: Bildung!

 

Qualität in der Organisationsentwicklung

Was ist Qualität und Qualitätsentwicklung? Was bedeutet Qualität? Woher kommt sie? Können wir Qualität prüfen, Qualität steigern und wenn ja wie? Was sind Qualitätsstandards und wer bestimmt sie? Das könnten bewegende persönliche und institutionelle Fragen der Moderne sein. Doch in unserer Zeit der Schnelllebigkeit, fällt es oft schwer, tiefgründiger über etwas nachdenken zu wollen. Uns ist die Fülle an Menschen, ihren Büchern und Workshops bekannt, die bereits viel nachgedacht haben und zu einem mehr oder weniger repräsentativen Ergebnis gekommen sind. Man kann sein Konsumverhalten als Homo Oeconomicus, der bequeme und nutzenorientierte Mensch, auch hier walten lassen und sich der Fülle uns umgebender Ergebnisse bedienen.
 
Doch ohne eigene Gedanken und Erkenntnisprozesse bleibt jede noch so großartige Idee unverdaut liegen und bereitet uns, aufgrund des illusionierten Fortschritts, eher Schwierigkeiten. Um so schlimmer ist es, wenn die Idee, die wir übernehmen, einen für uns unreflektierten schädlichen Charakter hat. Jede blind übernommene Idee, die wir nicht versuchen selbst durchzudenken, ist ein Fremdkörper in unserer Seele. Erst wenn wir diesen Ideen-Fremdkörper selbst ganz aktiv willentlich durchdenken und durchfühlen wird er, meist etwas verändert und angepasst, zu unserem psychischen Organismus gehören. Gerade aus diesem Grund funktioniert die Wissensvermittlung nicht über die Input- und Prüfmethode. Man muss die Erkenntniskräfte, den Erkenntniswillen im Menschen wecken, mit denen er das konsumierte Wissen verdauen kann und sich im entsprechenden Alter sein eigenes Wissen, wie einen sich stetig verändernden Wissenskörper, aufbaut.
 
Wir leben gesellschaftlich innerhalb einer materialistischen, geist- und seelenlosen Ideologie, die unsere Entwicklungsmöglichkeiten begrenzt und erleben die Qualität als einen Mangel. Wir scheinen ihn meist unterbewusst zu fühlen, können es uns aber nicht eingestehen. Denn damit würden wir unsere mangelhafte Leistung als Mensch ausdrücken, was dem eigenen Ego Schmerzen bereitet. Wir neigen eher dazu, uns in einem angenehmeren Licht zu sehen, in dem wir die angebliche Qualität uns schnell durch Zertifizierungsverfahren aneignen, sie in entsprechenden Ordnern abheften, Mitarbeiter instruieren und danach die Lage immer wieder evaluieren (also kontrollieren). Wird die entsprechende Leistung erbracht, ist die ‚Qualität‘ gut. Doch je länger der Mensch sich der schmerzvollen Erkenntnis der fehlenden echten Qualität entzieht, desto mehr bewegt er sich weg von dem inneren Fortschritt.
 
Es geht sicherlich nicht darum, einfach nur banal die fehlende innere Qualität festzustellen. Nach dieser Feststellung sollten die Wege gesucht werden, auf denen die Qualität der eigenen Persönlichkeit, der eigenen seelisch-geistigen Fähigkeiten weiter entwickelt, veredelt werden kann. Der Mensch braucht den Willen und die Sehnsucht, sich weiter zu entwickeln, anstatt sich der Bequemlichkeit hinzugeben, wenn er ein echter Mensch und kein auf ein Tier reduziertes Wesen werden will.

organisationsentwicklung