Der Begriff der Sozialen Kunst ist bis jetzt noch leider weitgehend sehr verkannt. Denn das, was man oft darunter versteht ist „die Kunst in einem sozialen Zusammenhang“. Aus diesem Verständnis heraus stellt man die uns bekannten und verbreiteten „Künste“ in den gesellschaftlichen Zusammenhang hinein und versucht dort mit Installationen und Werken eine gesellschaftskritische Wirkung zu erzielen. Die Soziale Kunst ist aber eine eigenständige Kunstausdrucksform, die kunstvoll die zwischenmenschlichen Zusammenhänge gestaltet bzw. auf sie gestaltend einwirkt. Sie bedient sich keiner speziellen Medien außer dem Ich des Menschen, welches direkt in das Seelische der Zwischenmenschlichkeit bildend hineingreift.

Aus der Verbindung mit Architektur könnte uns das Wesen der Sozialen Kunst etwas klarer erscheinen. Denn Architektur stellt das physische Zusammenleben der Menschen im Sinne von Häusern und Städten dar und die Soziale Kunst lässt das seelisch-geistige Zusammenleben der Menschen in Erscheinung treten. Vorab soll aber gesagt werden, dass man die Soziale Kunst nicht mit dem Begriff „Kunst im Sozialen“ verwechseln sollte. Denn wenn man die beiden Begriffe genauer betrachtet, kann einem der gravierende Unterschied klar werden. Die Kunst im Sozialen soll eine Verflechtung der uns weit bekannten Kunstrichtungen mit dem sozialen Raum darstellen. Da verbinden sich zum Beispiel die Architektur, Plastik, Malerei, Musik, Dichtung und Eurythmie und treten in das soziale Feld hinein. Sie werden in diesem sozialen Feld dargestellt, entwickelt und entfalten ihre Wirkung darin. Anders ist es bei dem Begriff der Sozialen Kunst. Denn dieser Begriff soll eine ganz neue Kunstrichtung darstellen. Eine Kunstidee, die uns nicht direkt als Kunst bekannt ist, sondern eher mit dem psychologischen und philosophischen Bereich in Zusammenhang gebracht wird – Idee über das soziale Zusammenleben der Menschen, über die Aspekte des zwischenmenschlichen Raumes. Wenn wir auf diese Idee unsere Aufmerksamkeit richten und sie unter dem Kunstaspekt betrachten, können wir eine uns neue Kunstdimension entdecken.

So ist die Soziale Kunst eine eigenständige, neu geborene Kunstrichtung unserer Zeit. Sie stellt die Kunst der Menschen dar miteinander umzugehen und soziale Räume und Prozesse zu gestalten. Und zwar nicht mit Hilfe anderer Kunstrichtungen, wie es der Begriff „Kunst im Sozialen“ versucht, sondern durch die Erkenntnis einer gänzlich neuen Kunstausdrucksform – der Sozialen Kunst.

Da Joseph Beuys diesen Begriff maßgeblich geprägt hat und eine nahezu unantastbare Ikone einer extravaganten Fangemeinde geworden ist, bleibt das Verhältnis seines Wirkens in Verbindung zur Sozialen Kunst in meinem Blog nicht unerwähnt: Beuys und die Soziale Kunst.

 

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